Aufruf
an das deutsche Heer!

Deutsche Krieger!

Die Stunde ist gekommen, da es sich entscheiden wird, ob Deutschland frei und stark, oder geknechtet und verachtet sein soll. Die Vertreter der deutschen Nation, von allen Bürgern und von Euch gleichfalls gewählt, haben die Reichsverfassung für ganz Deutschland beschlossen und als unverbrüchliches Gesetz verkündigt. Die ganze Nation ist fest entschlossen, die Reichsverfassung durchzuführen. Aber dieselben Menschen, welche Deutschlands Freiheit und Einheit seit vielen Jahren auf unerhörte Weise darniederhielten, sie stemmen sich auch jetzt wieder entgegen. Die größeren Fürsten und ihre Kabinette verweigern der Reichsverfassung den Gehorsam. Sie sind Rebellen gegen den Willen und das Gesetz der Nation. Soldaten! in diese Rebellion will man auch Euch hineinstürzen. Man will Euch mißbrauchen, gegen Gesetz und Ordnung, gegen Vaterland und Familie, gegen Freiheit und Gleichheit zu kämpfen, man will Euch zu Polizeibütteln machen, welche die Menschenwürde mit Füßen treten, ja - hört es, wackere deutsche Krieger - man treibt den schwarzen Verrat so weit, Eure rühmlich getragenen und geführten Waffen im Dienste des russischen Despotismus zu beflecken.

Soldaten! Wir Vertreter von Millionen Deutschen aus allen Gauen des Vaterlandes, wir fragen Euch; werdet Ihr es dulden, daß Fürsten und Minister, welche das Gesetz der Nation mit Füßen treten, Euch gegen Eure Brüder und Väter hetzen ?

Nein! Ihr werdet Eure Ehre, Eure Vaterlandsliebe höher stellen als die Laune und Willkürherrschaft der Fürsten und Peiniger des Volkes! Ihr werdet dem Willen der souveränen deutschen Nationalversammlung gehorchen, welche das gesamte Volk, und somit auch die Soldaten, aufgefordert hat, die Reichsverfassung zur Anerkennung und Geltung zu bringen.

Soldaten! Ihr habt geschworen dem Fürsten und dem Vaterlande. Wenn aber ein Fürst gegen das Vaterland rebelliert, so darf in der Brust des braven ehrliebenden Kriegers nur der wahre Eid, der höchste Eid für das Vaterland lebendig bleiben.

Erwäget es wohl deutsche Krieger.

Wenn Ihr gegen die Reichsverfassung kämpft, wenn Ihr Euch an den Verteidigern derselben vergreift, so vergreift Ihr Euch an Euch selbst, so wühlt Ihr in Euren eigenen Eingeweiden. Wollt Ihr nicht selbst freie Männer werden ? Nun wohlan! Streitet für die deutschen Grundrechte, welche den deutschen Soldaten erst zum freien Menschen machen. Wer hat den Soldaten auf ewig vom Offizierstande ferngehalten? Der alte fürstliche Absolutismus, welcher jetzt mit unerhörter Frechheit sich wieder erhebt und dabei auf Eure Hilfe zählt. Wer hat auf Euch die Schmach geladen, daß Eure Invaliden hungernd vor den Türen betteln müssen ? Das alte Regiment der Junker und Schreiber. Jetzt aber hat auch für Euch die Stunde der Befreiung geschlagen. Die Reichsverfassung befähigt Euch zu allen Ehrenstufen aufzusteigen, sie gibt Euren Invaliden Ehre und Brot, sie gewährt Euch alle Freiheitsrechte, welche Eure bürgerlichen Mitbrüder besitzen.

Darum, deutsche Soldaten, wendet Eure Waffen nicht gegen Eure Brüder, sondern kämpft für die heilige Sache der ganzen Nation. Nur im Felde gegen den äußeren Feind wachsen Eure Lorbeeren; aber Schimpf und Schande dem, welcher gegen die Verteidiger des Gesetzes die brutalen Befehle hochverräterischer Oberen vollzieht.

Gedenkt Eurer Kameraden in Württemberg und folgt ihrem ruhmvollen Beispiele! Sie haben sich nicht erniedrigen wollen durch Feindseligkeit gegen die Freiheit, sie haben sich wohlverdient gemacht um das Vaterland. Und das ganze deutsche Volk jubelt ihnen zu! So tuet denn desgleichen!

Ihr insbesondere noch, preußische Landwehrmänner, erklärt überall, was Eure edlen Kameraden zu Elberfeld und Krefeld erklärt haben; daß sie der National-Versammlung und der Reichsverfassung Gehorsam leisten werden.

Deutsche Krieger! Höret die Stimme des Vaterlandes. Es rufet Euch, es erwartet auch von Euch seine Rettung. Es wird denen fluchen, welche brudermörderisch ihre Waffen entehrten, es wird aber die segnen, welche zum Volke standen. Höret es, deutsche Krieger, und tut, was Ehre, Freiheit und Vaterland fordern!

Frankfurt am Main, den 6. Mai 1849.

Der Kongreß sämtlicher März-Vereine Deutschlands.

In dessen Auftrage: J. Pröbel, Präsident. F. Raveaux, Vizepräsident. H. Wöhler, L. Simon, Trier, Schriftführer.

Druck von C. Adelmann.

Letzte Änderung: 27. May. 2001, Adresse: /deutsch/1848/flugblatt28.html